Die Depression gehört zu den affektiven Störungsbildern, die durch eine krankhafte Veränderung der Stimmung oder Affektivität beschrieben werden und entsprechende Auswirkungen auf körperliche Abläufe hervorrufen. Das Wort deprimere stammt aus dem lateinischen und bedeutet herunter- oder niederdrücken. Die Depression ist eine psychische Krankheit, die in einer Vielzahl Lebensabschnitten auftreten kann und noch allzu oft unbehandelt bleibt, weil sie nicht erkannt wird. Depressionen, vor allem die unbehandelte depressive Störung birgt die Gefahr in sich, ein Leben in direkter Weise wie auch über negative Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit, zunehmend zu beeinträchtigen und sogar bis zu Invalidität zu führen. Gemäß WHO ist abzuwarten, dass im Jahr 2020 Depressionen nach der Herz-Kreislauf-Erkrankungen weltweit die zweithäufigste Ursache von Invalidität sein werden (Kulanoglu, E. (2015). Soziodemografische Prädiktoren der Angst und Depression bei Patienten mit einem Linksherzunterstützungssystem. Unveröffentlichte Masterarbeit, Steinbeis Hochschule Berlin).

Ätiologie und Entstehungsmodelle

In den letzten 30 Jahren standen die affektiven Störungen im Zentrum der psychiatrischen Forschung und trotzdem ist das Wissen um die Ätiologie und der Entstehungsmodelle der affektiven Störungen defizitär. Ausformulierte und plausible biopsychosoziale Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung affektiver Erkrankungen existieren, aber die empirischen Belege in den entscheidenden Bereichen fehlen . Die genetische Belastung wurde nachgewiesenen und gilt als ätiologischen Aspekt. In Familienstudien im Vergleich zu Familien gesunder Kontrollgruppen zeigen depressive Erkrankungen eine familiäre Häufung; das familiäre Lebenszeitrisiko ist bei Verwandten 1. Grades auf ca. 20% erhöht. Eine monozygote Konkordanzrate von 50-65% zeigte sich bei Zwillingsstudien. Weiterhin gelten neurobiologische Faktoren und somatische Faktoren wie hormonelle Umstellungen im Wochenbett oder körperliche Erkrankungen als Auslöser einer affektiven Störung. Psychosoziale Einflüsse wie Trennungen, Verluste, berufliche Enttäuschungen, Überforderungen, Ehekrisen usw. begünstigen auch eine affektive Störung. Viele Depressionen entstehen in Verbindung mit einer Fehlanpassung an chronischen Stress. Die neurobiologische Forschung hat zur Klärung dieses Zusammenhanges einen wesentlichen Beitrag geleistet. So gibt es heute klar identifizierte Mediatorsysteme und Konzepte zu neurobiologischen Subtraten der stressassoziierten Depression. Diese Befunde bestärken darin, dem individuellen Faktor Stress in der Diagnostik und Therapie der Depression. Eine dauerhafte Stressbelastung begünstigt die Entstehung einer Depression, und eine Depression wiederum führt zu deutlich eingeschränkter Belastbarkeit in Stress-Situationen. Patienten mit stressinduzierter Depression berichten, dass akute Stressoren ihre motivationalen Eigenschaften verlieren und als unüberwindbare Hindernisse empfunden werden. Die Depression als Krankheitsbild ist von den üblichen menschlichen Gefühlen wie Leid, Trauer und Niedergeschlagenheit zu trennen; während diese Emotionen einem Verlust sich einem nahe stehenden Person durch zum Beispiel Trennung, Tod oder Scheidung folgen, ist die Depression eine Folge von unangemessenen tiefe und langanhaltenden niedergeschlagenen Verstimmungen (Kulanoglu, E. (2015). Soziodemografische Prädiktoren der Angst und Depression bei Patienten mit einem Linksherzunterstützungssystem. Unveröffentlichte Masterarbeit, Steinbeis Hochschule Berlin).

Einwirkfaktoren

Die Abbildung 5 zeigt eine Übersicht der Einwirkfaktoren auf die Entstehung einer depressiven Symptomatik

Folgend werden einige der oben erwähnten Entstehungsmodelle erläutert:

Neurobiologische Faktoren

Ein funktionales Defizit von Noradrenalin (NA) in für die Stimmungsregulation wichtigen zentralen noradrenergen Funktionssystemen, welche die Grundlage der Katecholaminmangel-Hypothese darstellt, kann eine depressivie Erkrankung hervorrufen. Eine weitere Hypothese entstand durch die Einbeziehung von Serotonin (5-HT) und Dopamin (DA): die Monoaminmangel-Hypothese. Die Monoaminmangel-Hypothese wurde durch die Beobachtung generiert, dass Substanzen im synaptischen Spalt neben der Steuerung des Gehaltes auch die Affekte modulieren können. So führte z.B. die Verabreichung des blutdrucksenkenden Medikamentes Reserpin zur Reduktion der Konzentration von NA, DA und 5-HT im synaptischen Spalt und führte bei einem Teil der damit behandelten Patienten zu einer Depression. Die Wirkmechanismen von Antidepressiva bestätigten diese Thesen, da diese die Rückresorbtion verminderten oder den oxidativen Abbau der genannten Neurotransmitter im synaptischen Spalt blockierten. Es existieren weitere neurobiologische Faktoren, die hier weiter thematisiert werden.

Psychodynamische Aspekte

Die analytische bzw. psychodynamische Pathogenese der Depression besagt, dass die Vulnerabilität zur Depression durch eine frühkindliche, psychische, interaktionelle Fehlentwicklung bedingt wird. Ferner wird festgehalten, dass diese Fehlentwicklungen zu bestimmten psychodynamischen Faktoren führen, welche miteinander interaktionell verbunden sind und auslösend oder ursächlich mit der Depression in Verbindung stehen (Kulanoglu, E. (2015). Soziodemografische Prädiktoren der Angst und Depression bei Patienten mit einem Linksherzunterstützungssystem. Unveröffentlichte Masterarbeit, Steinbeis Hochschule Berlin).

 Symptomatik und unterschiedliche Formen der Depression nach ICD 10

Depressionen werden seit der Einführung der Internationalen Klassifikation der Erkrankungen in der zehnten Version (ICD-10) in der Fachliteratur in depressiven Episoden klassifiziert, die das Auftreten bestimmter Symptome und den Verlauf eindeutig beschreiben (Wolfersdorf, 2011).

Die Symptomatik einer Depression wird im Folgenden in Affekt-, kognitive-, Antriebs- und vegetative Störungen unterteilt zur besseren Veranschaulichung dargestellt (siehe Tabelle 5).

Tabelle 5

Depressionssymptome

                                                  Störungen der Affektivität

Depressive Verstimmung, Insuffizienzgefühle, Schuldgefühle, Hoffnungslosigkeit, Anhedonie, Verlust emotionaler Schwingungsfähigkeit, Gefühl >innerer Leere<, Gefühl der Gefühllosigkeit, diffuse Ängste oder Zukunftsängste, Suizidgedanken/Suizidalität

Kognitive Störung / Störung des Denkens

Formale Denkstörungen: Verlangsamung des Denkens, Denkhemmung, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Grübeln

Inhaltliche Denkstörungen: Depressiver Wahn (Schuld-, Verarmungs-, Krankheits-, Versündigungswahn), Suizidgedanken, eingeengtes, grübelndes Denken

                                                     Vegetative Störungen

Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen), körperliche Missempfindungen, Schmerzempfindungen, Schwindel, Übelkeit, Obstipation, Appetit- und Gewichtsverlust, Libidoverlust

Störungen des Antriebs und der Psychomotorik

Geminderte/gehemmte Antriebslage bis hin zum depressiven Stupor, (bei agitierter Depression gesteigerte Psychomotorik), Interessenverlust, Entscheidungsunfähigkeit

 

Die Anzahl der Symptome-Cluster definiert die Schweregrad einer Depression und nicht die Tiefe der Niedergestimmtheit, wobei in ICD 10 eine Aufteilung der Symptome in Haupt- und Zusatzsymptome erfolgt (siehe Tabelle 6 und 7) (Schneider et al., 2010).

Tabelle 6

Hauptsymptome einer Depression

Hauptsymptome (nach ICD-10)

Depressive / gedrückte Grundstimmung (tiefe Traurigkeit)

Interessen-/ Freudlosigkeit (Anhedonie)

Antriebsminderung / Energieverlust / Müdigkeit

 

Bei den zusätzlichen Symptomen geht man davon aus, dass ein somatisches Syndrom vorliegt. In der Vergangenheit wurde diese ausgeprägte Form auch als endogene oder endogenomorphe Depression bezeichnet (Simhandl & Mittelwachauer, 2007).

 

Tabelle 7

Zusatzsymptome einer Depression

 

Zusatzsymptome (nach ICD-10)

Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit, reduziertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Gefühle von Wertlosigkeit, Schuldgefühle, negative und pessimistische Zukunftsperspektive, Suizidalität, Schlafstörungen, Appetit-/Gewichtsverlust (aber bei atypischer und saisonaler Depression, Appetit eher gesteigert): Minderung des Ausgangsgewichts um mindestens 5% pro Monat

 

Im ICD-10 sind die diagnostischen Kriterien einer depressiven Episode erfüllt, wenn eine Dauer von mindestens zwei Wochen besteht und mindestens eine bestimmte Anzahl (abhängig vom Schweregrad) der oben genannten Symptome (siehe Tabelle 4 und Tabelle 5) festgestellt werden kann. Eine leichte depressive Episode besteht, wenn zwei Hauptsymptome und zwei Zusatzsymptome bestehen. Die mittelgradige depressive Episode wird bei zwei Hauptsymptomen und zwei bis drei Zusatzsymptomen diagnostiziert. Eine schwere depressive Episode liegt bei drei Hauptsymptome und mindestens vier Zusatzsymptomen vor. Wenn zusätzlich zu einer schweren depressiven Episode Wahnideen oder Halluzinationen wie Schuld-, hypochondrischer, nihilistischer, Beziehungs- oder Verfolgungswahn oder depressiver

 

Stupor auftreten, liegt eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen. Falls die Kriterien für eine typische Depression nicht vollständig erfüllt werden, aber länger anhaltende Beschwerden vorliegen, kann es sich um Dysthymia handeln, welche folgende Merkmale aufweist:

A:         Konstante oder konstant wiederkehrende Depression über einen Zeitraum von zumindest zwei Jahren. Die dazwischenliegenden Perioden normaler Stimmung dauern selten länger als einige Wochen, hypomanische Episoden kommen nicht vor.

B:         Keine oder nur sehr wenige der einzelnen depressiven Episoden während eines solchen Zwei-Jahres-Zeitraumes sind so schwer oder dauern so lange an, dass sie die Kriterien für eine leichte depressive Störung erfüllen.

C:        Wenigstens während einiger Perioden der Depression sollten drei der folgenden Symptome vorliegen:

  • Verminderter Antrieb oder Aktivität
  • Verlust des Selbstvertrauens oder Gefühl der Unzulänglichkeit
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Neigung zu weinen
  • Verlust des Interesses oder der Freude an Sexualität und anderen angenehmen Aktivitäten
  • Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung
  • Erkennbares Unvermögen, mit den Routineanforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden
  • Pessimismus im Hinblick auf die Zukunft oder Grübeln über die Vergangenheit
  • Sozialer Rückzug
  • Verminderte Gesprächigkeit (Simhandl et al., 2007).

 

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